Auf geht's mit klapperndem Gebiss

Wusstet ihr, dass der Camino total flach wäre, wenn man sich die ganzen Berge einmal wegdenkt?!

So. Na klasse! Es ist der 19.05.2014, 4.00 Uhr morgens. Mein Countdown zeigt noch ein bisschen mehr als 6 Stunden bis Abflug. Und was ich für eine "Nacht" hatte, das wollt ihr nicht wissen. Naja, eine Nacht war es schon, weil es war ja dunkel draußen, was es aber auch nicht besser macht, wenn man schlaflos im Bett herumwuselt und überlegt und denkt, ob man an alles gedacht hat, ob man alles eingepackt hat, ob das eine oder andere, was man eingepackt hat, jetzt vielleicht doch überflüssig war und jenes, was man nicht eingepackt hat, vielleicht doch lieber noch eingepackt werden sollte. Aber das Gewicht! Das Gewicht!

Mein Rucksack steht vollgepfropft vor mir und guckt mich böse an: Wenn du noch ein Fitzelchen in mich hineinpackst, platz ich! Und dabei muss in León auch das noch in ihn hinein, was ich jetzt in einem ganz leichten Rucksack (der ist klasse! der ist so, wie diese Einkaufstaschen, die man in sich selbst hineinkruscheln kann und dann klitzeklein in jede Handtasche passen. Naja, vielleicht nicht in die ganz kleinen Handtaschen, in die nur ein Päckchen Taschentücher hineinpassen, aber so eine Handtasche habe ich ja nicht, weil ich immer denke, warum tut man sich denn eine ganze Handtasche an, nur um ein paar Taschentücher bei sich zu haben? Ich habe eh nur eine Handtasche und die ist so, dass man daraus notfalls einmal einen ganzen Monat leben kann. Gut, wenn ich etwas suche, dann finde ich es grundsätzlich NIE, aber ich weiß doch zumindest, dass es drin ist, und das ist so beruhigend!) (gut, das interessiert jetzt hier eigentlich gar nicht, weil ich die ja nicht mit auf den Camino nehme ... oder doch? - Neinneinnein, die nicht. Wirklich nicht!) mit in den Flieger hinein nehme. Und das ist ja nun auch nicht wenig. Und raus kommt ja eigentlich nur mein Taschenmesser und das Pfefferspray (das hatte ich letztes Jahr in der Bauchtasche und das hat keinen interessiert. Na, da fühlt man sich doch gleich wesentlich sicherer im Flieger!).

Naja, jedenfalls ist alles drin im Rucksack ... zumindest alles, was ich eingepackt habe:

 

Ein Reisezahnbürschtlin und Zahnpasta

KKK-Waschmittel (für Kopf, Körper und Klamotten)

Creme für die Füße mit ohne Schimmerglanz und

Creme für alles obendrüber mit Schimmerglanz (ist genauso schwer wie mit ohne, also mit -

          man gönnt sich ja sonst nix und ein bisschen eitel ist man ja auch, wenn man anfängt,

          muffelig zu riechen)

Deo und Parfüm (um den Zeitpunkt des muffeligen Riechens ein bisschen nach hinten zu

          schieben und weil ich einen klitzekleinen und superleichten Plastikparfümzerstäuber

          gefunden habe)

Brille, Kontaktlinsen, Lesebrille, Sonnenbrille, Kontaktlinsenreiniger  für den Durchblick

Brillenetui, damit der Durchblick auch schön sicher ist

Nagelfeile und Nagelschere

          (- jetzt denkt ihr sicher: Ja, und wo sind Kamm und Bürste? Aber die benutze ich daheim ja

          auch nicht, warum sollte ich die also mitnehmen?) - alles ordentlich verpackt in einem

Waschbeutel. Zum Anziehen habe ich je drei mal

T-shirts

Hosen

Unterhosen und BHs (naja gut, das hätte ich ja nun schreiben müssen, aber dabei hab ich sie)

Socken

Buffs (diese Multifunktionstücher, die ich tagsüber um die Stirne und den Hals trage und nachts

          über Ohren (damit meine Ohrstöpsel nicht herausfallen) und Augen (damit mich das

          Stirntaschenlampengefunzel der Frühaufsteher nicht nervt), einen

Sportpullover (oder soll ich doch lieber den anderen mitnehmen?)

lange Merinounterhosen für nachts

Microfleece-Jacke, weil mir nach dem Laufen immer kalt ist und die einfach kuschelig ist

Regenjacke

Regenponcho und Regengamaschen (bis heute ist in León tolles Wetter und ab morgen ist

          Regen angesagt und kühl - na vielen Dank auch! Dabei bin ich ja schon dankbar, wenn ich

          nicht wieder gleich am ersten Tag einen Schneesturm kriege!)

Wanderschuhe

Sandalen für abends und da, wo meine Füße nicht in Wanderschuhen sein möchten

Schlafsack und meinen heißgeliebten

Riesenschal für über die Matratze

Ohrstöpsel

Handy mit Ersatzakku

Tablet (oh, ich höre die Stöhner: Ist die bekloppt! Was will die denn damit?! Aber Kinders, mal

          Hand aufs Herz: Auf diesem Tablet befindet sich alles, was an Infos brauche, da sind alle

          möglichen Bilder von allen möglichen mir so lieben Menschen drauf, mein Spanischlern-

          buch, mein Tagebuch ... alles halt. Und es ist meine Unabhängigkeit von PCs in Herbergen

          oder Cafés - und ihr wollt doch hier nicht aufhören müssen, meinen Blog zu lesen, oder?)

MP3 Player (der ist so klein und so leicht, ich wäre doof gewesen, wenn ich den nicht mitgenom-

          men hätte. Da ist meine Hallowachmusik drauf, meine Kommmalwiederruntermusik, mein

          Hijo de la luna für zum Warmhüpfen im 3/4-Takt - ich liebe es!)

Ladegerät (für alle drei auf einmal! Ist das praktisch!)

Foto mit 1 x Ersatzbatterien

Stirntaschenlampe mit 1 x Ersatzbatterien - und guck, sooo viel Technik ist das ja gar nicht! Gut,

          das Tablet. Ich habe es gewogen: mit Sicherheitsdrumrum genau 700 g ... die ich einspa-

          ren könnte, die mich aber total glücklich machen! Soll ich DAS tun? Viel schwerer ist meine

Verpflegungstasche mit allem, was angeblich Kraft gibt und Muckis aufbaut ... und meinen heiß-

          geliebten Leckerschneckchen. Aber dieses Gewicht verlagert sich ja zum Glück von Happs

          auf Hips

Erste-Hilfe-Täschchen mit allem, wofür es dann eigentlich eh zu spät ist (guck, Blasenpflaster

          ist da ja auch drin, obwohl ich das - hoffentlich - auch in diesem Jahr gar nicht brauchen

          werde, und das wiegt bestimmt auch 30 g!)

Sicherheitsnadeln - die vielseitigste Entdeckung, seit sich die ersten Mehrzeller auf zwei Beine

          gestellt haben!

Bauchtasche mit

Credencial in der einzigen Knisterzipptüte, die mir auf Rücken und Bauch kommt

Feuchttüchern

Taschentüchern

2 Kugelschreiber

Geldbeutel und allem, wo ich meinen Arzt und Apotheker lieber nicht drüber frage

Flugunterlagen ( na guck, das Gewicht fällt ja schon weg, wenn ich gelandet bin!)

Stöcke ... ich habe Stöcke dabei! Ich kann es selbst kaum fassen und wahrscheinlich pfeffer ich

          die auch in die nächste Ecke, wenn ich nach 5 Minuten oft genug drübergestolpert bin. Ich,

          der absolute Stockverweigerer, der Verfechter freier Hände, hab Stöcke dabei! Wenn ihr

          über das Tablet den Kopf schüttelt - was soll ich denn da alles über die Stöcke schütteln?!

So, jetzt wisst ihr auch, was ich alles dabei habe, ich bin es noch einmal durchgegangen und habe festgestellt, dass mir das, was ich noch vergessen habe, dadurch auch nicht eingefallen ist. Inzwischen ist es 5.30 Uhr und ich muss nur noch eine halbe Stunde warten, bis endlich der Wecker klingelt.

Es ist so blöd! Von ganz weit weg waren die Berge in meinem Kopf ... naja, sie sind zwar da, aber Hallo! Sooo schlimm kann das doch gar nicht sein! Ein bisschen rauf und runter halt und viel steiler als der Untersberg kann es ja gar nicht sein! ... Dann kam die Phase: Hui! Also ein bisschen anstrengend wird es schon werden. Aber schau, wenn du da das und dort jenes geschafft hast, dann ist der Rest nur noch ein bisschen weniger ein bisschen anstrengend. Aber darf ich mal etwas sagen? Ich bin ja nun ein Mensch mit einer ziemlich großen Klappe, aber inzwischen habe ich das Gefühl, ich habe mir da einen siedend heißen und viel zu großen Knödel hineingestopft. Jedenfalls ist mir seit ein paar Tagen nicht mehr ... ganz so wohlgemut im Bauch. Thomas sagt immer: Du schaffst das, du brauchst vielleicht ein bisschen länger, aber du hast doch alle Zeit der Welt! Und Klümpchen aus dem Forum (stuuups!) schrieb mir mal: Du hast doch eh den ganzen Tag nichts besseres zu tun auf dem Weg! Das ist so lieb! ... hilft mir aber jetzt gerade auch nicht wirklich.

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Hans (Montag, 10 November 2014 14:46)

    einfach köstlich, deine Zeilen zu lesen
    buen camino
    Hans