Poladura de la Tercia - Puente de los Fierros

Beim Austehen regnet es zur Abwechslung einmal und ich frühstücke Leckerschneckchen und Kraftnüsschen,  denn auf heute habe ich mich am meisten gefreut und gefürchtet.  Heute ist die anstrengenste und am wenigsten ungefährliche Etappe.  Ich bin mir bei dem Regen nicht sicher, ob ich es wirklich wagen soo,  aber eigentlich fisselt es ja nur (wenn man etwas unbedingt will,  verändert Regen eben auch seine Schlimmheit) und ich habe mit Thomas verabredet,  dass ich ihn einfach alle paar Minuten nerve und ihm sage,  dass er mich noch ein bisschen ertragen muss.  Ausserdem (jetzt lacht bitte nicht! ) schalte ich mein GPS an,  weil in den Krimis heisst es doch immer,  dass man Handys orten kann,  wenn das an ist.  Das werden die hier in Spanien doch wohl auch hinkriegen! 

Jedenfalls will ich es doch wenigstens versuchen.  Zurückgehen kann ich ja notfalls immernoch. 

Erst geht es über eine Wiese und dann auf Gebirgspfaden ziemlich viel ziemlich tüchtig bergauf. Der Regen verändert sich und kriegt eine Farbe: weiss.  Na bitte,  typisch mein Camino eben.

 Fast ganz oben steht ein grosser Pilgerstock.  Hier ist das Schlimmste vorbei.  Alles, was jetzt kommt,  ist nur noch Fantomschmerz.  So. 

Um eine Ecke herum erschrecke ich dann doch: Da liegt ganz viel weisser Regen.  Na klasse! Und jetzt? Jetzt bin ich oben hnd soll wieder zurück? Nein,  nicht gleich, erst mal gucken,  wie es weiter geht.  Allerdings bin ich jetzt doch froh,  dass ich meine Stöcke dabei habe,  obwohl ich die ja gar nicht mag.  Aber mit ohne....  ich glaube,  das wäre wirklich unvernünftig...  und das bin ich mit mit schon mehr als genug. 

 

Aber ich will nichts dramatisieren.  Das entspricht ja auch so gaaaaar nicht meinem Naturell.  Zwischendrin ist ja immer auch noch ein bisschen Grün,  auch wenn es sich ziemlich gut in dem Weiss versteckt,  und mit den Stöcken....  bin ich notfalls auch wenigstens ein bisschen gegen das gerüstet,  was da irgendwo rechts von mir ganz komische Geräusche macht,  die ich nicht zuordnen kann.  Und dann muss ich doch mal lachen: Der,  der den letzten Hospitalero vor mir gewarnt hat,  hat mir geschrieben,  dass er den Abstieg nicht im Regen machen wollen würde.  Na,  da bin ich aber froh,  dass es bei mir nicht regnet! 

 

Aber fisseln tut es auch nicht immer.  Irgendwann wird es auch ganz schön tüchtig und mit viel Wind von hinten.  Also jetzt umzukehren wäre ja noch schlimme als geradeaus zu laufen.  Da kriegte ich ja den ganzen Schmonses direkt ins Gesicht und würde schon bald gar nichts mehr sehen durch meine Brille. Neinneinnei,  weiter geht es,  es ist ja auch gar nicht mehr weit...  und ich schaffe es ja auch,  weil sonstkönnte ich ja jetzt nicht hier sitzen und schreiben ... mit meinen Fingern,  denen da auch ganz schön kalt war. 

Irgendwann geht es dann schneefrei nach links oben und ich kriege so viel Spass an meinem Fantomschmerz,  dass ich irgendwelchen Hierläuftgasentlangstupfeln noch weiter hinauf folge, dahin,  wo es richtig eng, steil und weiss ist, nur weil sie gelb sind.  Nein,  da gehe ich nicht entlang.  Ich such mir einen anderen Weg nach unten.  Und siehe da,  es gibt diesen Weg und wenn man den Schnee ein bisschen wegschlupfelt,  sieht man auch,  dass der gelbe Pfeile hat. Ja,  geneigte Frau Pilgerin,  nicht alles,  was gelb ist,  ist Pfeil!  Ich bin jedenfalls heidenfroh, dass das jetzt so ist,  wie es ist,  und nicht anders ... Noch! 

 

Als ich in ein Waldstueck komme, begreife ich,  was mein Tulpe gemeint hat,  als er sagte,  er würde den Weg nicht bei Regen gehen wollen.  Es ist hier so rutschig,  so rutschig war es oben nicht.  Erst versuche ich noch die Pfützen zu umgehen und lande erst recht im Schlamm. Mit meinen Gamaschen quadscht mir zumindest kmein Schmodder in die Schuhe und nass sind meine Füsse eh schon längst,  also wird mir alles egal und ich versuche nur noch,  mich nicht längelang in den Schlammbambel fallen zu lassen.  

 

Auf dem Pass gibt es ein Café. Endlich!  Ich habe vorgestern abends zum letzten mal an einem Tisch gesessen und nicht aus einer verbeulten Plastikflasche getrunken.  Und wisst ihr,  was es da auch hat?  Ein Feuer im Kamin und sauteure aber gnadenlos leckere Kekse. Da geht es mir ganz schnell wieder gut! Ich habs geschafft! Ich bin mir heute mein Held des Tages! 

 

In Pajares gibt es auch eine Bar und dann gehe ich zur Herberge und rufe die Nummer an. "A las seis"  kommt jemand und macht auf - um sechs. Jetzt ist es drei und nicht eben das Wetter,  alle Klamotten von sich zu werfen und in die Sonne zu legen.  Es ist längst nicht mehr sooo kalt,  aber warm auch nicht.  Und was soll ich denn drei Stunden hier machen? Wolken zählen...  ist auch mal nett,  aber doch nicht drei Stunden lang! Also gehe ich weiter. 

 

Es geht hinunter und auf der anderen Seite des Tals wieder hinauf und am Ende nach einem Bergdorf ganz lange an der Dorfverbindungsstrasse wieder hinunter nach Puente de los Ferreiros.  So kann man drei Stunden warten doch gut umgehen! Aber jetzt habe ich auch wirklich fertig.  Nur,  dass es hier nix gibt - kein, Hotel,  keine Bar,  nur einen Bahnhof.  Der gehört mir!  Ich muss zwar eine Stunde auf den nächsten Zug nach Pola Lena warten (das sieht grösser aus und da gibt es nicht nur eine Herberge,  sondern bestimmt auch ein Hotel,  falls mir die Situation in der Herberge unengenehm ist), aber das macht mir gerade gar nichts aus. 

 

Die Herberge in Pola Lena ist gleich gegenüber vom Bahnhof und sieht von aussen...  nicht schön aus - ein langes hässlichbraunes Haus mit vergitterten Fenstern.  Aber den Pilger begrüsst es fröhlich mit einem als Wanderer verkleideten Totenkopf vor der Tür und Paula spricht mich noch auf der Stasse auf Deutsch an,  wenn ich etwas brauche, soll ich nur nach ihr fragen. Ist das lieb! Hier werden auch irgendwelche Veranstaltungen und Treffen abgehalten und es ist ein reges Kommen und Gehen.  Ich fass es nicht! Es gibt tatsächlich noch Leben auf dieser Welt! Und einen Kaffee- und Colaautomaten.  Und wisst ihr was? Ich als Frau alleine...  freue mich wie ein Suppenhuhn,  weil ich den ganzen Schlafraum für mich alleine habe und einen Schlüssel zum Abschliessen.  Das war eine gute Idee,  dass ich hier bin! 

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