Salas - Tineo

 

 

 Wie sollte ein Tag besser beginnen als damit,  dass man die Augen noch gar nicht offen hat aber draussen schon hört,  wie der Regen fröhlich vor sich hinplätschert? Wer da noch freiwillig aufsteht,  ist ja von allen guten Geistern verlassen! Und dabei habe ich so gut geschlafen - von meinem blöden Husten mal abgesehen.  Abe das bleibt ja nicht aus: schwitzen, frieren,  nass von aussen,  dann wieder ein bisschen Sonne und nass von innen. Wenn ich mich jedesmal an- und ausziehen würde,  wie mir gerade danach ist,  würde ich jetztnoch irgendwo in Leon sitzen.  

 

 

Ich tümpele und trödele ganz lange mit dem Frühstück herum (beim Aufwachen ziehen mir schon allerherrlichste Kaffeedüfte an der Nase vorbei! Den Regen weggedacht, hätte der Tag tatsächlich nicht besser beginnen können.  Miguel ist aber auch wirklich ein echter Schatz!), trinke eine Tasse Kaffee nach der anderen und hoffe immer darauf,  dass es doch noch aufhört zu regnen. Manchmal ist das ja in den Bergen so, dass die Wolken sich über Nacht wohlig ins Tal kuscheln und auch erst einmal wachwerden und aufstehen müssen.  Aber hier ist nicht manchmal und so tapsele ich dochmit Gamaschen und Poncho los - wieder einmal.  

 

Das Höhenprofil sieht ja schon gerade zu Anfang ein bisschen grauselig aus.  Aber ganz ehrlich? Ich bin ja nun wirklich nicht der hüpfeligste Hüpfer und es geht auch wirklich bergauf, aber ganz lange so,  dass ich nicht stehen bleiben und schnaufen muss.  Und dabei schleiche ich auch gar nicht - also zumindest nicht für meine Verhältnisse.  Dass alle anderen Pilger an mir vorbeiziehen, das liegt nur daran,  dass die eben andere Verhältnisse haben. 

 

Nur das letzte Stück nach Bodenaya wird es dann doch anstrengender,  aber ich tröste mich damit, dass es ja soooo weit nun gar nicht mehr sein kann und ich ja eigentlich damit gerechnet habe,  dass es die ganze Zeit so aufwärts geht.  Dann schnaufe ich halt doch,  aber ich habe es mir zumindest erfolgreich schöngeredet.

 

 

Bis Bodenaya bin ich trotz Poncho nass bis auf die Knochen (das liegt wohl auch ein bisschen am Saunaeffekt,  weil Regen und kalt hin und her - wenn es bergauf geht und ich schnaufe, beginne ich eben auch zu....  äh....  transpirieren. 

Ich stürme die nächste Bar und siehe da: da sind alle,  die andere Verhältnisse haben als ich! Und hier drin ist es so saukalt,  dass ich anfange zu bibbern und meine Finger schier zu klamm sind,  um irgendetwas zu machen. Nee,  das bringt ja jetzt auch nix.  Wenn ich lange hier bleibe,  kühle ich komplett aus.  Also trinke ich nur schnell eine Tasse Kaffee, werfe mir den Poncho wieder über (wenn der trocken ist,  kriege ich ihn sogar alleine bis über den Rucksack,  aber das ist er eben nicht und ich bin froh für ein paar helfende Hände...  die dann auch froh sind,  dass meine Hände auch helfend sind:  Ich helf dir in deinen Poncho und du mir in meinen.

So,  und jetzt wird es erst richtig lustig.  Es hört zwar bald ab und zu mal ein bisschen auf zu regnen (wenn auch nur,  damit es wieder anfangen kann), aber die Wege sind ja nun völlig aufgeweicht und matschig.  

Seit Oviedo sind immer vier Spanier irgendwo um mich herum, die warnen mich ausdrücklich,  nicht den Weg,  sondern leber auf der Strasse entlangzugehen,  aber das mag ich nun auch nicht.  Die Autos nerven entsetzlich.  Und ich will ja nicht auf die Strasse,  denn Hallo!, ich bin Pilger und kein Auto! Ich gehe den normalen Weg und ich sag euch: Ich habe Spaß ohne Ende! Ohne Stöcke und Gamaschen geht hier gar nichts.  Mit Sporthalbschühchen würde ich hier auch nicht gehen wollen!...  denke ich noch,  da überholt mich einer im weissen Hemd (!) und in Sandalen! Na, wenn ich schon Spaß habe,  möchte ich nicht wissen,  was der hat! Eigentlich braucht er sich nach der ersten Matschepempe zumindest keine Sorgen mehr zu machen,  dass ihm irgend etwas in die Schuhe läuft,  aber er bleibt tatsächlich bei jedem ein bisschen klarerem Wasser stehen und versucht sich notdürftig zu reinigen.  Das sieht total lustig aus,  weil die nächste Schlammgrube wartet ja schon.

 

Dabei kann er aber auch nicht dreckiger werden als ich. Die Gamaschen machen zwar,  dass mir nichts in die Schuhe subbelt,  aber obendrüber sehe ich bald bis zum Hosenbund aus wie ein frisch gesuhltes Wildschwein.

 

Dafür hört es aber nach und nach doch auf zu regnen und hier und da lunst sogar die Sonne heraus.  Nur von der Fernsicht,  die ohne Wolken auf dem ganzen Weg grandios sein muss, hab ich nur ganz wenig,  denn die Wolken sind zwar ein bisschen aufgestiegen,  aber nicht wirklich viel.  Sie haben es bis halb auf die Berge hinauf geschafft und dann geht ihnen wohl die Puste aus.

 

Meine Schuhe sind schwer von Wasser und Matsch und langsam fängt jeder Schritt an,  ziemlich schwer zu werden. Und Tineo will und will irgendwie nicht kommen. 

 

Ha!  Ich kann ja auch hartnäckig sein und irgendwann kann es nicht mehr vor mir davonlaufen. Am Ende bin ich da,  schrubbe meine Schuhe (wenn auch nur,  damitsich morgen wahrscheinlich gleich die nächste Matschepampe dranheften kann), dusche,  wasche, schreibe einer Bar das Wifi voll und schlabbere cafe con leche grande. 

 

Gut,  wenn morgen noch einmal nicht schön ist,  will ich ja nicht meckern.  Aber oben über die Hospitales-Route,  da wäre es schon schön,  wenn es schöner wäre. 

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