Ponte Ferreira - Boente

Irgendwie habe ich heute Nacht dermaßen gut geschlafen und der Tag fing so ruhig und gelassen mit einem Cornflakes-Frühstück an und es gab Kaffe und heiße und kalte Milch und Zellophan-Gebäck und ... und der Kaffe wurde eingegossen und Orangensaft aus einem Tütchen und ... Ach Kinders, ich würde am liebsten einfach hier bleiben! Weil das aber ja nun nicht geht, weil ja alle gehen und weil ich ja bei allen bleiben will, gehe ich denn trotzdem ... aber schön langsam und gemach und ohne jede Eile.

Ach, heute ist einfach MEIN Tag. Ich schlurche hier ein bisschen, trödel da ein bisschen, bleibe mehr stehen als dass ich laufe und fototgrafiere alles, was bei Eins nicht aus dem Fokus meiner LInse flüchtet.

Schaut mal, das ist ein Rastplatz, an dem ich vorbeikomme! Ist der nicht schön?!

 

Noch mehr Bilder? Oookaaayyy!

 

Und guckt doch mal hier!

 

Und hier, da muss man einfach reingehen, weil die Dame ist so ... pilgerig!

 

Von den Steinzeichnungen waren übrigens noch mehr und noch schönere auf dem Boden, aber bis ich meinen Foto herausgekruschelt hatte, hat es sich der Hund darauf so bequem gemacht, dass ich ihn nicht bei seinem Mittagsschläfchen stören wollte. Aber das ist ja gar nicht schlimm, weil dann komme ich einfach noch einmal wieder!

So, und damit ihr einen kleinen Eindruck davon habt, wie abgedrüsselt ich heute (nur heute?) bin, noch diese Bilder:

Gut, die Schnecken ... und die Wolken, die können jedem mal passieren. Aber Blumen? Hallo?! Ich bin's! Ich fotografiere keine Blumen! Ich fotografiere tote Bäume, aber keine Blumen!

In Melide wird es mir dann doch komisch. Es ist schon ziemlich eigenartig,  jetzt so hierzusein.  Einerseits fühle ich mich ein bisschen wie daheim,  die Steine an der Bachquerung, die Wege - eigentich alles so vertraut, dass die Bäume vor Schreck, dass ich schon wieder da bin, die Astlöcher verdrehen und ihre Zweige über den Kronen zusammenschlagen, weil sie nicht schnell genug ihre Wurzeln aus dem Boden bekommen, um zu flüchten.

 

Ich habe alle diese Menschen um mich herum,  die mir in den letzten zwei Wochen so lieb geworden sind.  Aber irgendwie ist doch auch alles komisch und fremd: fremde Gesichter erzählen fremde Geschichten von Orten,  die mir zwar ganz dolle vertraut sind,  aber auf meinem Camino in diesem Jahr so gar nichts zu suchen haben. Da gibt es keinen Kamm Perdón, kein Aufstieg nach O Cebreiro oder zum Cruz de Ferro, kein Foncebadon. Ach, was wäre das anstrengend gewesen und das Wetter war ja gar nicht so schön ...  - Anstrengend? Wetter? Hallo!  Da wo ich war, war viel höher und Schneesturm! (Naja,  viel Wind mit schon auch ziemlich Schnee ist ja irgendwie schon ein bisschen ein Schneesturm,  oder?... Ein kleiner halt.  (Aber ich bin ja nun auch eher klein,  aber deswegen bin ich auch trotzddm eine Eine - und manchmal denk ich: Boah!, was bist du (also ich) denn für Eine?!)) Ach, und da hatte eine Bar noch gar nicht geöffnet? Isch 'atte gar keine Bar! Und zwar ziemlich oft keine! Ich hatte Rucksack!

 

Dabei kann ich die alle so gut verstehen, denn genau so ging es mir auf meinen ersten Wanderungen ja auch: Da hat man etwas erlebt, was man sonst nicht alle Tage hat. Da ist man Strecken gelaufen, die würde man dahim mit dem Auto nicht fahren wollen. Da sind einem Menschen begegnet, ganz ungeschminkt. Da ist man sich selbst begegenet und auch ungeschminkt. Da hat man Dinge getan, über die man platzen könnte vor Stolz. Und das völlig mit recht! - Und mir geht es ja gerade ganz genauso, nur eben mit einem anderen Weg, mit anderen Orten und anderen Dingen, die mir passiert sind.Und ich frage mich: Ist mir das wirklich alles passiert? Hab ich das wirklich alles gemacht? Und hab ich denn den Schlag noch gehört?

 

Heute übernachte ich in der Herberge in Boente und natürlich gehe ich in meine kleine Lieblingskirche und natürlich ist der Pfarrer da und natürlich drückt der mir die Hand wieder so lange und so fest, dass es mir das Wasser in die Äuglein treibt. Das ist aber jetzt total blöd, weil Herr Pfarrer versteht mein Tränengetropfe völlig falsch und erzählt mir inbrünstig, dass Kinder ein Geschenk sind und so wertvoll und so schön und ... und er redet sich in Rage und drückt vor Begeisterung noch fester zu und mir noch mehr die Tränen in die Augen. Kinders! Ich musste beim Abendbrot fast von Francois gefüttert werden!

 

Aber dabei wäre ich gnadenlos verhungert, weil er hatte heute auch einen guten Tag: Er, Franzose, rief zwei der spanischen Vierergruppe an, die über Portomarin gegangen sind, um sich mit ihnen um 12.00 Uhr zu verabreden und weil ihm das spanische Wort für 12 (doce) nicht eingefallen ist, malte er die Zahl mit dem Finger an die Mauer ... und kugelte sich hinterher über sich selbst, weil der ja da an die Mauer hat schreiben können, was er wollte: Die konnten es ja nicht sehen!

 

So, und mir geht es auch gleich viel besser, weil wenn so ein organisiterter und bedachter Mensch wie er schon die Contenance verliert, dann bin ich zwar nicht weniger durchgeklöppelt, aber das kann den besten Menschen eben passieren.

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