Sobrado dos Monxes - Pedrouzo

 

Ich mag hier nicht weg! Ich mag hier bleiben! Und wenn ich schon nicht bleiben kann, dann mag ich nach Hause! Jetzt sofort und auf der Stelle!

Ich glaube, Sobrado war irgendwie so mein letzter Knupfel, der mich dieses Jahr auf dem Weg gehalten hat. In dem Moment, als ich das Kloster verlasse, ist dieser Knupfel weg und ich will heim. Nur noch heim! Schon der bloße Gedanke, die Strecke von Arzúa nach Santiago noch einmal gehen zu müssen, liegt mir so was von quer im Bauch, dass es mich wirklich Überwindung kostet, nicht einfach hier irgendwo in den Bus zu steigen und zu fahren. Aber mir ist unterwegs noch eine gute Idee für meine Compostela gekommen und jetzt will ich auf die nicht verzichten, sondern ich will sie haben, ich werde sie erlaufen ... und ich werde sie jemandem schenken, dessen Stein ich schon die ganze Zeit in meiner Bauchtasche herumtrage. Das ist eine gute Idee - und genau das Argument, das ich brauche, dass ich nicht einfach alle Viere von mir strecke.

 

Begeisterungsstürme löst der Weg aber nun trotzdem nicht mehr in mir aus: Bis Boimorto geht es ja noch, aber dann immer auf der Straße entlang. Das ist jetzt eigentlich nicht sooo lange, 10 km (am ersten Südroutentag war es fast doppelt so viel!), aber ich habe satt. Ich mache mir Stöpsel in die Ohren und stapfe stur wie ein Esel vor mich hin.

 

 

Arzúa durchrenne ich mit nur einem kleinen Stopp in einer Bar, denn ich habe mir, um mir selbst diesen Tag erträglicher zu machen, ein Ziel gesetzt: Pedrouzo. Wenn ich von dort morgen nach Santiago laufe, ist es nicht mehr so weit und ich habe genug Zeit, all die schönen Sachen einzukaufen, die ich mir Samstag und Sonntag schon ausgesucht aber noch nicht gekauft habe, weil ich sie sonst ja hätte schleppen müssen.

In meinen Kopf passt dann auch gar nicht mehr viel anderes hinein als dort anzukommen. Ich gucke nicht mehr links, nicht mehr rechts, will nur voran, will die Strecke so schnell wie möglich erledigt haben. Genau die richtige Eisntellung fürs Pilgern! Aber ich ... Ich weiß auch nicht. Ich will nur noch heim.

 

Völlig erschöpft und erledigt (passender Weise ist es heute auch noch tütchtig heiß!) komme ich in Pedrouzo an und eigentlich interessiert es mich gar nicht mehr so besonders, wo ich schlafe. Umso schöner ist es, dass ich dann auch noch so eine schöne Herberge habe! Mein Bett ist ein bisschen abgeschottet und direkt am Fenster zu einem - ich weiß nicht, wie man das nennt: Das ist so im Haus ein Springbrunnen mit Pflanzen und Gras drumherum. Das ist jetzt zwar keine Frischluft, aber Luft und die Dame, die plötzlich alle Fenster verrammelt und verriegelt traut sich schon alleine aufgrund meines zähnefletschenden Blickes gar nicht erst an meins heran!

 

Oh, aber eins muss ich euch noch erzählen, weil das ist klasse!:

Als ich in Santiago war, hab ich versucht, mein Ticket (einen Flug hatte ich ja nach zum ersten Mal in Lugo gebucht) ausdrucken zu lassen. Sinnigerweise hatte mein Passwort aber Buchstaben, die ich auf der spanischen Tastatur freilich nicht gefunden habe und irgendwie habe ich so lange herumgedeichselt, bis ich mich aus meinem eigenen E-Mail-Account ausgeschlossen habe. Nicht weiter schlimm, weil daheim weiß mein Mail, dass es mich gibt, weil es mich mit dieser IP immer gibt. Da kam Thomas an meine Mails ran und druckte das Ticket aus und will mir das jetzt also per Telefax schicken (per E-Mail geht ja nicht!).

Wann habt ihr zum letzten Mal versucht, irgendwo ein Telefax zu erhalten? Also bei mir ist das Ewigkeiten her (und das mir, die ich in der Ausbildung noch Telexlochstreifen gestanzt habe und für die damals das Rapifax DIE Erfindung schlechthin war! Heideröslein, da merkt man erst einmal, wie alt man ist! Ich habe noch auf einer klappernden Schreibmaschine zu tippen gelernt und saß an meinem ersten Tag in der Berufsschule vor einer Elektrischen und musste erst gezeigt bekommen, dass man die einschalten muss, bevor die klappert!). Nun brauche ich aber ja irgendwie meine Bordkarte und dafür brauche ich ein Telefax. Der Hospitalero muss ein bisschen nachdenken und schickt mich dann zu einem Geschäft, da kriegt man vom Zahnrad bis zum halben Motor alles. Der hat auch ein Telefax ... mit Thermopapier! Erinnert ihr euch daran? Das sind diese Rollen, bei denen man die Ausdrucke nicht einfach offen liegenlassen darf, weil dann die Schrift verschwindet. Und so lieb: Er hätte auch gerne für mich empfangen und war hinterher selbst ganz traurig, dass das nicht ging, weil seine Maschine nur Dokumente kann, auf der Bordkarte aber auch bunte Bildchen sind.

Aber wisst ihr, was mich jetzt gerade so richtig wurmt? Heute, an meinem vorletzten Lauftag, habe ich blöde Kuh mir doch tatsächlich ein kleine Blase an der rechten Ferse gelaufen. Ist das ein Käse! Jetzt kann ich nicht mehr guten Gewissens sagen, dass ich auf meinem ganzen Weg nicht eine Blase hatte! So ein Mist!

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