O Cádavo - Lugo

Bis Castroverde watschele ich so ein bisschen halbseiden vor mich hin. Es gibt so Tage, da läuft man halt, weil einem gerade nix besseres einfällt, und dann macht es schwups und man ist 9 km weiter.

 

Was ich aber sehr lustig finde: In dem Örtchen davor gibt es keine 100 Einwohner, aber eine riesige Kirche! Und in dieser Kirche war eine ganz nette Dame, die mir ganz lieb ans Herz legte, in Castroverde ganz dringend noch einen Kaffee zu trinken (sieht sie mir meine Halbseidigkeit an?) und mir genug zu essen und zu trinken mitzunehmen, weil es dann über 20 km nichts mehr gibt. Ist das nicht lieb?!

 

Ich höre nur zu gerne auf ihren Rat. Nach zwei Stunden Herumgetrüddel ist mir eh nach Koffein!

Hinter Castroverde komme ich durch Wälder, in denen Märchen geboren werden: tiefe Hohlwege, kuschelig ummooste Bäume, Efeu, Farn - ich liebe solche Wege! Sie sehen so gespenstisch aus, so magisch, so geheimnisvoll. Und ich darf ein Stück mit Margarita und Rebekka gehen und meine Begeisterung mit ihnen teilen ... und schon ist sie dreifach. Da wird auch der schönste Wald noch schöner!

 

In Souto de Torres finde ich sogar ein Steinkreuz, auf dem das Heilige Jakobchen mit drauf ist! Ob das auffällt, wenn ich das einfach nachts abbaue und mit nach Hause nehme?

 

Oh, ich würde so viele Sachen gerne mit nach Hause nehmen: Die Steine der verfallenen Gebäude - wenn man aus denen ein neues Haus baut, dann muss das doch total klasse sein! Und die alten Ziegel und vor allem die Trockensteinmauern! Hier einmal mit einem Tieflader angefahren kommen und alles mitnehmen, ja, das würde ich gerne!

 

In Souto gehe ich eine total lustige Straße entlang. Die ist total schmal, so schmal, dass man denkt, hier kann doch kein Auto fahren! Und als ich an der engsten Stelle bin, höre ich eine laute Hupe: Ein LKW macht darauf aufmerksam, dass er nun gerne auch hier langfahren würde. Hallo! Ein LKW! Nicht Auto! Auch Räder untenherum, aber viel mehr, weil viel größer und breiter und länger! Der tastet sich ganz langsam um die Kurve, sieht mich, rechnet sich kurz aus, dass da, wo ich laufe, kein Platz mehr ist (und dabei habe ich bestimmt abgenommen! Und bin immer noch zu dick!), rutscht wieder ein bisschen zurück (nun fragt mich aber nicht, wie er das macht) und lässt mich erst einmal durch. Und ich Dussel hab die Straße nicht fotografiert! Hatte ich ja auch keine Zeit für, weil ich musste ja weg, damit ich dem LKW nicht mehr den Platz wegnehme. Aber ärgern tu ich mich darüber schon. - Vielleicht ist das ja mit ein guter Grund, diesen Weg noch einmal zu gehen.

 

 

Weiter geht es vorbei an Weiden, Häusern, Mauern, immer irgendwie mehr oder weniger auf ganz klitzekleinen Asphaltstraßen. Nicht sooo schön, aber schöner als das, was mich kurz vor Lugo erwartet: Die glatten, geraden, mehrstöckigen Häuser liegen vor mir, wie das Untergebiss eines grimmig grinsenden Blätterteigmonsters. Neinneinnein, da will ich nicht hin!

 

 

 

Und der Weg zieht sich und zieht sich - gerade am Ende ist er so begeistert über seine eigene Hässlichkeit, dass er gar kein Ende nehmen will. Ich schwitze, mir röhren die Ohren, meine Nase würde am liebsten einen eigenen kleinen Rucksack auf seinen Rücken packen und sich von meinem Körper verabschieden: Mir stinkts!, ich bin dann mal weg!

 

Aber es hilft ja alles nix. Und als ich gerade so gar keine Lust mehr habe und völlig unwirsch bin, kommt Francois durch eben dieses, winkt mir frisch geduscht und fröhlich zu und zeigt mir, dass es zur Herberge gar nicht mehr weit ist. Ich könnte ihn knutschen!

 

Und dann kann ich Francois verstehen: Frisch geduscht leidet diese Stadt an schlagartigem Blätterteigzähneverlust und ist wunderschön! Ich gehe einmal quer durch ihre Altstadt zur Kathedrale, sitze ihr gegenüber auf der Stadtmauer in der Sonne und strecke meine Beine aus, gehe ein bisschen auf ihr spazieren, schlendere durch die Geschäfte und bleibe ... vor einem Schuhladen stehen! Vor einem Schuhladen! Ich! Ich gehe 20 mal in den Baumarkt, bevor ich auch nur einen Gedanken an einen Schuhladen verschwende! Ich stehe vor einem Schuhladen! Ich war mir ja schon suspekt, als ich Spinnweben fotografierte, aber hier krieg ich Angst vor mir!

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