30.06.2018: A Fonsagrada - O Cádavo

Ich fürchte, ich kann hier heute nur ziemlich kurz schreiben. Glaubt mir, damit verpasst ihr nichts Wichtiges.

 

Der Weg von Fosagrada nach O Cádavo ist wunderschön, schon schön, führt fast ausschließlich durch Wiesen, Weiden und Wälder und vorbei an Windrädern und einem uralten Pilger-Hospital, aber mir hat es heute doch reichlich die Suppe verwässert - oder vielmehr hat s aus der Suppe der letzten Tage (seit Campiello) herausgewässert und das mag ich gar nicht. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein Schönwettermensch bin? Wenn die Sonne scheint, geht mir das Herz auf und ich tänzele beschwingt durch den Tag, aber wenn es regnet, würde ich mich am liebsten in ein Schneckenhaus verkriechen, was aber nicht geht, weil auf meinem Buckel neben meinem Rucksack keins mehr Platz hätte.

 

Was aber erst einmal wichtig ist: Die Herberge in O Padrón gibt es nicht mehr! Die wurde ersetzt durch die Albergue municipal in A Fonsagrada und ein Stück weiter (am Grillplatz auf der Straße bleiben) hat eine private eröffnet!

 

Leider suppt es auch am Hospital de Montouto gnadenlos weiter, dabei ist das wirklich ein sehr anrührender und geschichtsträchtiger Ort. Ich flicke hier mal einen Absatz aus meinem Bauchfüßler ein:

 

     Pedro I. el Cruel bzw. el Justiciero, der Grausame bzw. der Gerechte (das kam wohl darauf an, auf welcher Seite der Waagschalen man stand) veranlasste 1357 den Bau der königlichen Herberge  Real Hospi­tal de Santiago de Montouto hier, irgendwo im Nir­gendwo, wo es im Winter ganz schön unangenehm werden kann.

 

1689 wurde das alte Hospital (s. S. 55) durch vier miteinander verbun­dene Gebäude ersetzt. 1699 wies  ihm Carlos II. in einer schriftlichen Verfü­gung die Pflicht zu, „bedürftige Pilger, die hier ankommen, mit aller Liebe und Frömmig­keit zu behandeln“. Damit die geschundenen Peregrinos den Weg hierher fin­den konnten, wurden in dunklen Win­ternächten, sozusagen als akkustischer Wegweiser, die Glo­cken ge­läu­tet.

 

Mitte des 18. Jh. stand der Betrieb der Einrichtung auf der Kippe: Neben Geld­mangel musste es gegen Anschuldigungen kämpfen, es beherberge auch „Diebe, Banditen und allerlei Uner­wünschte“.

 

Aller Widrigkeiten zum Trotz schloss der letzte Hospitalero (s. S. 55), Tío Manuel (Tío – Onkel) die Pforten erst zu Beginn des 20. Jh.

 

Mir kommt es immer ganz komisch vor. Immerhin stiefele ich ja nun schon seit 10 Jahren durch Spanien und weiß es ja aus Erfahrung besser (mag jetzt aber nicht Unken wecken, die diesem saublöden Regen eine Farbe geben ..., weiß), aber Spanien und das Bild einer kalten, stürmischen, schneeverwehten Winternacht, durch die Pilger sich vorgebeugt gegen den Wind ankämpfend und den Hut festhaltend ihren Weg kämpfen und sich nur am Klang einer einsamen, weit aus der Ferne dumpf vor sich hinklingenden Glocke orientieren können ... Nein. Ich habe gelernt, Spanien ist das Land der Sonne! Und die scheint gefälligtst! ... Wenn auch nur oberhalb der Regenwolken.

 

Zumindest achte ich heute auch einmal auf den Dolmen und kann gar nicht verstehen, dass der mir vorher nie ins Auge gefallen ist. Er steht direkt rechts vom Hospital und das schon seit einigen Jahrtausenden! Unglaublich!

 

Selbstverständlich ist es in der ersten Bar nach dem Buckel voll und ich muss eine ganze Weile warten, bis ich endlich meinen heißen Kaffe (dafür aber extra groß und mit extra viel Milch bekomme). Aber das Warten macht mir nichts aus, denn die beiden Herren aus Mexiko sind auch schon da und helfen mir aus meinem Rucksack. Als sie weitergehen, bekomme ich zu meiner Umarmung sogar ein Küsschen auf die Wange ... das leider der abendlichen Dusche zum Opfer fallen wird. Hach ja.

 

Jetzt muss ich schon überlegen: Gab es sonst noch etwas Aufregendes? - Nein, ich glaube nicht. Und wenn, dann spielte es sich nicht direkt vor meinen Füßen ab, wo das Blickfeld von Brillenträgern bei Regen nunmal bei Regen leider endet - und bei Menschen, die regendepressiv veranlagt sind (wie ich) erst recht!

 

Selbst der Abend in O Cádavo verläuft erschreckend ereignislos und hätte selbst unseren Schwaben, der uns allerdings heute irgendwie abhanden gekommen ist, nicht in erschütterte Blicke versetzt. Hm. Aber nicht schlimm, man kann ja nicht jeden Tag total die Action haben, das wäre ja furchtbar anstrengend und ... Ich glaube, wirklich vertraut ist man sich, wenn man auch einmal nur still beieinander sitzen kann und nicht immer reden muss ... Naja gut, Santi kriegt das mit dem still nicht so richtig hin.

 

Gute Nacht!