23.06.2018: Escamplero - Cornellana

 

 

Jetzt habe ich daheim alles so schön vorbereitet und kriege es von hier nicht für hin. Vielleicht versteht die spannende Sache Internet einfach nicht,was ich möchte! Nun denn, wir kämpfen zwar noch ein bisschen miteinander, aber das hindert mich ja nicht daran, euch zu schreiben, wie mein Tag war. Hough!

 

Ich hab heute morgen nicht geguckt, wann ich lsgelaufen bin. Ich denke, ich muss bei mir einfach Druck raus nehmen. Auch wenn ich am 5. Juli unbedingt in Santiago sein möchte, um mit einem meiner Leben ans Ende der Welt zu laufen, merke ich doch, dass Camino anders ist, als eine Stunde Aroha, Step oder Power-Yogilates. Und vor allem merke ich, dass ich eben "nur" in Oviedo gestartet bin. Bei meinen letzten beiden Caminos Primitivo war ich ja schon durch andere Wege eingelaufen. Das fehlt mir jetzt. Wenn es bergauf geht (ich wusste gar nicht mehr, dass das hier ganz oft ist!), bin ich wirklich froh, dass alle anderen irgendwo weit weg sind. So kann ich stehen, verschnaufen oder auch nur Mal eben diese blöde Steigung anbrüllen, was sie denn jetzt gerade hier nter meinen Füßen zu suchen hat, ohne befürchten zu müssen, als die absolut durchgeknallte Alte in die Annalen des Camino Primitivo einzugehen. Es reicht, wenn der junge Ire auf dem Francés (ich hatte ihm erklärt, dass ich, wenn ich sterbe, mit Stöcken in den Himmel aufsteige, und ihm geschworen, dass ich den finde, der für das Shit-Wetter damals verantwortlich war, und dann meine Stöcke wohl zu benutzen wissen werde) tagelang einen großen Bogen um mich machte. Aber das war ziemlich am Ende meines Caminos und alle anderen hatten sich längst an meine Macken gewöhnt und sahen mir alles nach. Ist der Ruf erst ruiniert ...!

Nun denn, wie auch immer, die erste Bar (nach über 19 km!) rief meinen Namen und die nächste in Grado auch. Bis dahin fühlte ich mich auch soweit ganz gut, es war ja auch noch nicht Mittag. Aber dann! Gut, dass ich ein kleines Handtuch dabei habe, mit dem ich mir immer wieder die brennende Schwitze aus den Augen wischen könnte! Gut, dass ich alleine war! Es ist unglaublich, wie lange ein Kilometer ist, wenn er in der Sonne (als ich in Cornellana ankam, zeigte das Thermometer immerhin noch 28 Grad!) und ganz mit ohne Schatten sein kann!

 

Nach Grado wäre ich am liebsten nach Villapanada abgebogen, meiner zweitliebsten Herberge auf dem Primitivo. Domingo ist einfach ein Herz auf zwei Füßen! Aber ich fürchte, der wäre noch lange nicht da gewesen, also ging ich schweren Herzens und Fußes weiter. In Doriga hat es mich auch ein bisschen viel Überwindung gekostet, mich aus meinem bequemen Ledersessel zu hieven. Kinders, die Bar an der Kirche (mit Herberge) ist total lustig! Ich fühlte mich völlig zurückversetzt in meine Kindheit. Es gibt da nicht typische Gaststättentische und -stühle, sondern ein wildes Sammelsurium ausrangierter Wohnzimmer- und Küchenmöbel aus mindestens den 60er und 70er Jahren. Klasse! Dazu altmodischen Filterkaffee mit ungeschäumter Milch! Erst dachte ich, nee, ne, aber ich finde, das hatte schon was! Und Mal ehrlich: In Spanien fühle ich mich immer sehr verwöhnt mit dem leckeren Café. Also nicht, dass ich etwas gegen dieses Verwöhntwerden  hätte. Im Gegenteil, ich liebe es. Aber dieser old-styled Kaffee hatte Charme und machte meinen Füßen Beine wieder etwas leichter.

Nein, dort geschlafen habe ich nicht. Dabei ist der Wirt wohl feste davon ausgegangen. Ich habe sicher sehr mitgenommen ausgesehen, als ich dort ankam, und als er mir zu meiner Cola ein Glas reichen wollte, war da nix mehr da, was ich hätte hineinschütten können.

Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass sein Kaffee mich wieder soweit beleben würde, und beim bezahlen war er deutlich weniger freundlich. Nun denn.

 

Aber im alten Kloster von Cornellana wollte ich schon vorher gerne übernachten. Und der Weg war auch gar nicht mehr so gruselig, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Es gibt jetzt einen sehr netten Wirtschaftsweg, so dass Pilgerlein nicht mehr auf der Straße laufen muss, und mit einem Schwups ist man dann ja auch schon über der Brücke.

 

 

 

Dann müsste ich aber Mal über mich selbst grinsen: Obwohl ich genau weiß, dass der frühere Weg viel schöner ist, dackekte ich Dackel pfeilhörig durch die Stadt!

 

Die Herberge im Kloster ist Klasse ... was freilich auch daran liegen mag, dass hier sehr nette Menschen sind, mit denen ich sehr fröhlich lachen kann. Die meisten kenne ich schon von gestern und die Neuen ( zwei sind heute in Oviedo gestartet) werden einfach pilgerlike eingeflickt. Ich liebe das! Ich komme mir nur langsam komisch vor, dass ich immer die Älteste bin, aber ich glaube, außer mir selbst macht das niemandem etwas aus. Kann ja auch nicht, denn sie sind viel zu beschäftigt. Alle wuseln in der Küche herum und brutzeln und kochen. Gut, die Suppe der Koreaner ist wohl etwas zu salzig, aber das macht das andere Essen wieder wett. Ich klinke mich hier ein bisschen aus. Ich kann noch nicht essen, was aber in Anbetracht meiner Figur nicht wirklich ein Problem ist. Das ist bei mir aber auch normal an den ersten Tagen und ich weiß, dass ich nicht darauf hoffen muss, dass sich das auf längerfristig hält.

 

 

Ich weiß nicht, ob ihr wisst, dass gerade Mittsommer ist. Muss ich noch etwas sagen? Gerade wollten wir in einem riesigen Festzelt noch ein Bier trinken (es ist immerhin 22.30 und die Herberge verschließt sich um 23.00 automatisch), da war die Band noch beim Soundcheck. Um 24.00 Uhr werden wir leider nicht mit über das Feuer hüpfen können, aber ich hoffe, dass die Musik lange so viel Lärm macht, dass meine Mitschläfer mein Schnarchen gar nicht erst hören müssen.

 

Und bevor ich genau mit dem anfange, habe ich noch etwas wirklich Schönes: Fast alle anderen haben beschlossen, wie ich morgen in Bodenaya zu übernachten ...also jetzt nicht wegen mir, sondern weil ich so gnadenlos von David geschwärmt habe. Ist das nicht klasse!? Ich freue mich total. Vielleicht komme ich dann auch endlich mit meinem Bauch hier an. Das habe ich, ihr habt es sicher an meinem Text gemerkt, bis jetzt noch nicht wirklich geschafft. Aber ich weiß ja, dass ich dafür immer etwas länger brauche.